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Der Digitalisierungsdiskurs in Deutschland – Eine Framing Analyse

Gemeinsam mit Daniel Buhr habe ich im Auftrag der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE eine Analyse des Digitalisierungsdiskurses in Deutschland erstellt. Grundlage waren fast 4.000 Dokumente von 35 Akteuren aus Politik, Verwaltung, Sozialpartnerschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Methodisch bedienten wir uns einer Kombination aus framing- und Inhaltsanalyse.

Die Studie hatte zum Ziel, den Digitalisierungsdiskurs in Deutschland zu rekonstruieren. Dabei wurden KernakteurInnen der politischen Landschaft betrachtet und ihre Positionen und Lösungsvorschläge zu verschiedenen Aspekten der Digitalisierung analysiert. Da die Digitalisierungsdebatte in den letzten Jahren häufig mit einigem Alarmismus geführt wurde („Ende der Arbeit“), ist es gerade bei diesem Thema entscheidend zu wissen, welche Akteure welche Problemwahrnehmungen und Diagnosen in den Vordergrund stellen. Auch die Lösungsstrategien der jeweiligen Akteure sowie die Frage, wie diese sich über die Zeit verändern, übernommen oder verworfen werden – und gegebenenfalls wie sie in konkrete politische Maßnahmen übersetzt werden – wird untersucht.

Die meisten Akteure heben hervor, dass die Digitalisierung positive Wohlstands- und Innovationseffekte mit sich bringt. Da fast alle Wirtschafts- und Lebensbe-reiche betroffen sind, bedarf es aber guter Kooperation zwischen vielen Akteuren sowie Regulierung und mehr Bildung. Während die Gewerkschaften vor allem noch die Bedeutung von Teilhabe/Empowerment betonen, legen die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände häufiger ihre Schwerpunkte auf Flexibilisierung und Forschung. Die Stu-die zeigt auch, dass politisch SPD, Die Linke sowie Bünd-nis 90/Die Grünen, neben dem BMAS, relativ ähnliche Forderungsprofile wie die Gewerkschaften aufzeigen, was für die gewerkschaftliche Gestaltung der Digitalisierung im Sinne Guter Arbeit strategisch interessant sein kann.

Die Studie als Volltext findet sich im PDF-Format bei der Stiftung Arbeit und Umwelt der IGBCE hier

Click to access StAuU_NW-Analyse-Digitalisierungsdiskurs20200306.pdf

 

Politische Lebenswelten – Ergebnisse einer qualitativen Studie in Baden-Württemberg.

Im Rahmen des  Forschungsprogramms Demokratie-Monitoring als Teil des Gesamtprogramms “Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft”, welches die Universitäten Mannheim, Tübingen, Stuttgart und Freiburg im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH durchführen haben wir – Daniel Buhr, Josef Schmid und ich – das Teilprojekt 2 “Demokratie und Lebenswelt” durchgeführt. Dabei haben wir 275 Personen in 14 Kommunen in qualitativen Interviews nach ihrem Politikverständnis, Demokratiebegriff, Beteiligung und alltagsweltlichen Bezügen gefragt.

Im Kern bestätigt die Studie die These einer Pluralisierung politischer Lebenswelten. Es finden sich insgesamt sieben Lebenswelten, die sich in drei unterschiedliche Gruppen zusammenfassen lassen:

  • Unpolitische und Distanzierte bilden die politikfernen Lebenswelten.
  • Gemeinwohlorientierte, Elektorale und Macher sind drei zentrale delegative Lebenswelten.
  • Mitgestalter und Mitbestimmer konstituieren die partizipatorischen Lebenswelten.

Diese Lebenswelten sind wiederum nicht eindeutig über sozio-demographische oder sozio-ökonomische Variablen (z.B. Schicht) zu fassen. Ähnlich problematisch erscheinen alltagsästhetische Segmentierungen (Milieus), die nicht explizit Politik- und Demokratieverständnis abfragen. Selbst sozialisatorische Pfade eignen sich nur bedingt zur eindeutigen Unterscheidung politischer Lebenswelten, da inzwischen auch postmaterialistische und postmoderne Wertorientierungen in der Familie sozialisiert werden.

Sie sind neugierig geworden?

Anlässlich des Erscheinens der Referenzpublikation werden die Ergebnisse am

Mittwoch den 6.Mai 2015 von 12:30 – 14:00 Uhr im Landtag von Baden-Württemberg öffentlich vorgestellt.

Weitere Informationen zu dieser kostenlosen Veranstaltung und Anmeldemöglichkeiten finden Sie auf der Seite des Beteiligungslotse Baden-Württemberg.

Der Politischen Kultur auf der Spur…

Schon im vergangenen Jahr haben Thorsten Faas und ich der Zeitschrift Perspektive der Baden-Württemberg Stiftung ein Interview anlässlich der Einrichtung des Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg gegeben. Wenn es Sie interessiert, finden Sie hier den komletten Interviewtext (Interview Perspektive Faas Frankenberger BW-Monitor), in dem wir die Zielsetzung und den Hintergrund der Studie knapp erörtern.

Demokratie und Lebenswelt – Teilprojekt 2 des Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg

“Demokratie und Lebenswelten” ist Teilprojekt 2 des Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg. Das Forschungsprogramm Demokratie-Monitoring ist Teil des Gesamtprogramms “Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft”, welches die Universitäten Mannheim, Tübingen, Stuttgart und Freiburg im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH durchführen.

Eine kurze Projektskizze findet sich auf dem Beteiligungslotsen der Baden-Württemberg Stiftung.

Erkenntnisinteresse

Die alltäglichen Bezüge unseres Lebens, all das, was um uns herum geschieht, haben prägenden Einfluss auf uns. Auch und gerade auf unser Demokratieverständnis und die Art und Weise, wie und wo wir uns einbringen und beteiligen. Im Projekt “Demokratie und Lebenswelten”  interessieren wir uns daher dafür, wie Bürgerinnen und Bürger Politik und Demokratie für sich definieren und in welchem Bezug dies zu ihrer jeweiligen Lebenswelt steht. Besonders zentral ist dabei auch die Frage nach Beteiligungsbiographien, also wie, wo und warum sich Menschen politisch und/oder sozial (nicht) beteiligen. Im Rahmen des Forschungsprojekts fragen wir daher:

  • Wie prägen lebensweltliche Bezüge das Verständnis und die Beurteilung von Politik und Demokratie sowie Art und Umfang politischer Beteiligung?
  • Welche politischen Themen und Bezüge sind relevant?

Dabei geht es in einem zweiten Schritt auch darum Empfehlungen zur Beantwortung folgender Fragen formulieren zu können:

  • Warum präferieren Bürgerinnen und Bürger bestimmte Beteiligungsformen?
  • Wie können vor diesem Hintergrund partizipative Elemente des Politischen Systems gestaltet werden?

Theoretischer Hintergrund

Interessen, und insbesondere politische Interessen, sind nach dem lebensweltlichen Ansatz von Alfred Schütz (Schütz 1966; 1970) immer kulturalisierte Interessen. Sie sind geprägt durch die lebensweltlichen Erfahrungshorizonte, Argumentationsmuster und Lebensvollzüge in der alltäglichen Lebenswelt. Die lebensweltlichen Erfahrungen in Arbeit, Familie, Freizeit, aber auch der Wünsche, Ängste und Träume bestimmen und leiten dabei das Handeln. Denn sie liefern den Erfahrungshorizont, Realitäts- und Sinnbereich, in dem ein spezifischer Wissensvorrat bereitgestellt wird. Lebenswelt stellt so ein „bounded whole“ sozialer Realität.

Erhebungsdesign und Methodisches Vorgehen

Wir haben Interviews in 14 Untersuchungskommunen geführt. Die Auswahl der Kommunen erfolgte nach regional-siedlungsräumlichen und aktivitätsbezogenen Kriterien. Pro Kommune werden etwa 20 Personen befragt. Am Ende sind es also insgesamt etwa 280 Interviews.

  • Die Auswahl der Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner erfolgte unter Berücksichtigung sozio-demographischer Kriterien sowie auf der Basis von theoretischem Sampling.
  • Leitfadengestützte episodische face-to-face Interviews.
  • Dauer: zwischen 25 und 90 Minuten.
  • Transkription nach einfachen Transkriptionsregeln.
  • Auswertung mit MaxQDA

Vorläufige Ergebnisse

  • Die formulierten Politikbegriffe sind – ebenso wie das Demokratieverständnis – sehr heterogen. Allerdings lassen sich zwei Pole identifizieren: Einem elitär geprägten, gouvernemental orientierten Politikbegriff korrespondiert ein stark auf Wahlen fokussiertes repräsentatives Demokratieverständnis. Demgegenüber steht ein egalitär-partizipativer Politikbegriff gegenüber, der mit einem Demokratieverständnis einhergeht, das stark dialog- und direktdemokratisch orientiert ist.
  • Lebensweltliche Bezüge, Schlüsselerlebnisse und Motive haben einen wichtigen Einfluss auf Partizipation. Insbesondere berufliche Bezüge und individulelle Betroffenheit / Lebenssituation wirken sich auf Art und Umfang von Beteiligung aus. Die daraus resultierenden Beteiligungsbiographien unterscheiden sich erheblich.

Das Projekt befindet sich in der Endphase der Analyse. Die Ergebnisse werden Ende des Jahres vorliegen.

Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg – ein kurzer Überblick

Wie stehen die Menschen in Baden-Württemberg zu Demokratie und Beteiligung?

Das ist das Haupterkenntnisziel des Forschungsprojekts “Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg”, welches Teil des Programms “Bürgerbeteiligung” der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH ist, welches die Universitäten Mannheim, Tübingen, Stuttgart und Freiburg im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung durchführen.

Das Monitoring besteht aus drei Teilprojekten.

  1. Teilprojekt 1 –  Bürger und Demokratie in Baden-Württemberg. Repräsentativer Survey mit 3019 Einwohnern des Bundeslandes Baden-Württemberg. Projektteam: Jan van Deth, Rüdiger Schmitt-Beck, Thorsten Faas, Saraj Odrakiewicz (MZES).
  2. Teilprojekt 2 – Demokratie und Lebenswelten. Qualitative Interviews mit ~ 275 Bürgerinnen und Bürgern in 14 Kommunen. Projektteam: Daniel Buhr, Rolf Frankenberger, Josef Schmid.
  3. Teilprojekt 3 – Die wahrgenommenen Wirkungen von Buergerbeteiligung. Interviews mit Beteiligten aus Politik, Verwaltung, Bürgerschaft, Lokalredaktionen und Moderatoren. Projektteam: Angelika Vetter, Ulrich Eith, Saskia Geyer

Zusammen genommen sollen die drei Teilprojekte nicht nur eine Bestandsaufnahme leisten, sondern zeigen zudem Perspektiven auf, die zu einer Verbesserung der Qualität der Demokratie in Baden-Württemberg beitragen können: durch die Identifikation der Potentiale für verschiedene Formen einer stärkeren direktdemokratischen Beteiligung und Differenzierung dieser Potentiale nach verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Lebenswelten und Rahmenbedingungen.


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