Entwicklung, Wohlfahrt, Autokratie? Ein Konferenzbericht

Im Rahmen des DVPW-Kongresses 2012  in Tübingen veranstaltete der Arbeitskreis „Vergleichende Diktatur- und Extremismusforschung“ ein Panel zum Thema „Entwicklung, Wohlfahrt, Autokratie? Ökonomische Performanz und die Versprechen der Demokratie.“  Ausgehend von der Frage der Teilhabe an Politik und Ökonomie als zentrales Versprechen der Demokratie wurden Fragen der ökonomischen und politischen Performanz von Autokratien aus unterschiedlichen theoretischen und methodischen Perspektiven diskutiert. Die insgesamt sieben diskutierten Papiere wurden thematisch durch eine Key Note sowie die Vorstellung aktueller Sonderhefte der PVS und Democratization zum Thema Autokratieforschung abgerundet

Manfred G. Schmidt (Uni Heidelberg) diskutierte in seiner Key Note die Frage des Demokratievorteils hinsichtlich der Leistungsfähigkeit von Staaten. Die von ihm entworfenen Thesen zeichnen ein differenziertes Bild: Nur etablierte Demokratien besitzen tatsächlich einen Leistungsvorsprung gegenüber nicht-demokratischen Regimen, und auch dieser werde mitunter überschätzt. Dennoch ließen sich generell Unterschiede zwischen unterdschiedlichen deokratischen und autoritären herrschaftstypen identifizieren. Das alles jedoch unter dem Vorbehalt einer noch rudimenären Forschung und der generellen Problematik der Qualität und Verfügbarkeit vo nDaten zur Staatstätigkeit in Autokratien.

Mit der Frage, ob Autokratien Motoren oder Bremsen der wirtschaftlichen Entwicklung sind, setzte sich Steffen Kailitz (HAIT TU Dresden) auseinander. Auf der Basis umfangreicher empirischer Analysen konnte er zeigen, dass sich für die verschiedenen Autokratietypen deutliche Unterschiede zeigen:Während kommunistische Autokratien und Militärdiktaturen vergleichsweise erfolgreich seien, schnitten personalistische Autokratien und nichtkommunistische Parteiautokratien besonders schlecht ab.

Die Ausgabenseite autokratischer Wohhlfahrtsregime beleuchtete Thomas Richter (GIGA) in einem gemeinsam mit Viola Lucas (GIGA) und Ferdinand Eibl (University of Oxford) verfassten Papier. Grundlage ihrer Analyse bildet der neu entwickelte Datensatz GSRE (Global State Revenues and Expenditures), der Daten zu 44 Indikatoren für die meisten Autokratien im zeitraum von 1946-2011 umfasst. Auf der Basis einer Regressionsanalyse kommen sie zu dem Schluss, dass ökonomischss Wachstum einen positiven Effekt auf die Wohlfahrtsausgaben habe, welcher über die vescheidenen regimetypen variiere. Die Ursache der Varianz führten sie dabei auf die unteschiedlichen Koalitionen der herrschaftssicherung in den unteschiedlichen Regimetypen zurück.

An die generelle frage der Performanz von Autokratien und Demokratien im Vergleich anschließend, nahm Stefan Wurster (Universität Heidelberg) nahm die ökologische Performanz von Autokrtaien näher unter die Lupe. Gerade in diesem zukunftsrelevanten Politikfeld der nachhaltigen Entwicklung relativiere sich der Leistungsvorsprung von Demokratien – vor allem aufgrund der schlechten Performanz mancher Demokratien.

Am Beispiel der Kommunistischen Partei Chinas diskutierte Patrick Köllner (GIGA) die konzeptionell-analytischen grundlagen informeller Institutionen in Autokratien. Denn ein verständnis autokratischer Herrschaftssystem sei ohne deren berücksichtigung unmöglich. Gerade die Frage der Nachfolge an die Spitze der KPCh illustriere die komplementären beziehungen zwischen formellen und informellen institutionen und könne wegweisend für die Analyse der gestalt und Funktionsweise fon Autokratien sein.

Susanne Pickel (Universität Duisburg-Essen) untersuchte in ihrem Beitrag zu Demokratie, Anokratie Autokratie und die verwirklichung der rechte von frauen die Wechselbeziehungen zwischen Gender, Empowerment, Wertestrukturen und der Persistenz politiscRer regime. Sie kam zu dem ergebnis, dass in Anokratien und Autoikrtaien quantitative anstatt qualitativer Repräsentation vorherrsche und traditionelle und patriarchale wertemuster reproduziert würden. Gerade die Aufgabe letzterer untergrabe sowohl Legitimation als auch Persistenz von Autokratien substantiell. Und gerade Gender Empowermnent in Verbindung mit der Ausbreitung von Selbstentfaltungswerte von frauen förderten zielgerichtet eine Demokratisierung.

Mit den komplexen Interaktionszusammenhängen von Staat und Wirtschaftsakteuren in den postsowjetischen elektoralen Autokratien beschäftigte sich Martin Brusis (Universität München). Dabei stand die frage nach dem wie und warum der private Wirtschaftssektor durch die jeweils herrschenden Eliten über Patronage und Konsultation kooptiert werde. Dabei identifizierte Brusis für die Fälle Russland, Kasachstan und Ukraine unterschiedliche Governancemuster: Während in den ersteren eine Ausweitung des staatlich kontrolloierte Woirtschaftssektors und Konsultationsregime zu konstatieren sei, habe sich in der Ukraine die praxis eines Mitregierens einflussreicher Unternehgmer etabliert.

Rolf Frankenberger und Daniel Buhr (beide Universität Tübingen) wählten einen clusteranalytischen Zugang zu der Frage der Variationen des Kapitalismus in Autokratien. Sie konnten aufzeigen, dass sich eine klare Trennung zwischen den klassischen Typen CME und LME einerseits und Variationen eines inkorporierten Kapitalismus andererseits abzeichnet. Dabei konnten sie insbesondere die rentierstaaten als konsistentes Cluster reproduzieren. Auf der Basis der Ergebnisse ließen sich zwei Governance-Mechanismen als Grundlage zweier Grundtypen identifizieren: ein patrimonial inkorporierter und ein bürokratisch-inkorporierter.

Die Beiträge zum Panel zeigen die große Bandbreite ebenso wie den Bedarf an grundlegender Forschung in diesem vitalen Feld. Auch wurde im Rahmen der Diskussionen klardass eine substantielle Erkenntnisse von der Qualität der zur Verfügung stehenden Daten abhängt.

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